Abschrift aus der Pfarrchronik - Arenberg

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Abschrift aus der Pfarrchronik

Arenberg
(Aus der Pfarrchronik von Arenberg)
 
Winter 1944/45! Er ist voller Schrecken! Man kommt aus dem Luftschutzkeller und Bunker nicht mehr heraus! Dabei sind alle mürbe und am Ende ihrer Kraft
Die letzten Monate waren zu grausig! Bereits am 20. Juli 1944 war der 1. Angriff auf Arenberg
erfolgt:
 
12 schwere Bomben fielen zwischen Caritashaus und Straße, eine ging in die Anlagen, ein ganzer Bombenteppich in den Hanasch! Frau Barbara Schmitz musste ihr Leben opfern, Nach leichteren Angriffen in den folgenden Monaten hatte dann ein furchtbarer Machtangriff am 6. November Koblenz in einen Trümmerhaufen verwandelt.
In Arenberg fielen zwei Luftminen, - mehrere Häuser brannten ab, die Flakkasernen waren ein loderndes Feuermeer, - Pfarrkirche, Gnadenkapelle, Mutterhauskapelle und zahllose Häuser büßten ihre Fenster ein.
Am 10. Dezember erfolgte ein schwerer Tagesangriff auf Koblenz und Umgebung, - ein Volltreffer ging in den Keller der Schule in Arenberg, -
16 ganz junge Rekruten, kaum dem Knabenalter entwachsen, mussten verbluten - und Familie Fritz Marx aus der Schulstraße verlor ihr 4-jähriges Töchterchen Edith.
Das Mutterhaus erhielt einen Volltreffer auf den rechten Eckflügel.
Am Hl. Abend schütteten 5000 Bomber ihre tödliche Last über dem Rheinland aus.
Das Grauen wuchs und Angriff folgte nun auf Angriff.
Die Einwohner von Immendorf hatten sich mittlerweile einen Stollen in einen Sandberg am Bitzenweg gegraben,
Die Arenberger trieben einen Stollen in den Calmen und auch am Caritashaus war ein kl.
Stollen in den Berg gebaut.
Manche Familien sind in, den stillgelegten Helenenstollen des Silberbergwerkes geflüchtet.
Erschütternd ist es zu sehen, wenn unsere Mütter, erschöpft und abgezehrt, mit ihren Kindern bei den immer häufiger werdenden Alarmen in den Stollen rennen und oft genug ihre Kleinsten in einer großen Tasche mitschleppen müssen, "im Bunker geboren, im Bunkergroßgeworden", sagt eine verzweifelte Mutter, - zitternd um ihre Kinder hier und um ihre Männer und Söhne draußen an den Fronten oder im bitteren Herzeleid um die, die in Gefangenschaft gerieten oder - nicht mehr wiederkommen.
Am 27. Dezember gehen 34 Bombenteppiche über Koblenz nieder, am 31. Dezember fallen in Arenberg schwere Bomben bei Wüst und Schneider.
So leben wir nun stündlich in Todesangst vor dem Kommenden...
Doch - e i n e n Trost haben wir:
Die E r l ö s u n g s k a p e l l e, die G n a d e n k a p e l l e von Arenberg!
Schon seit 1941 war das vernachlässigte kleine Heiligtum, von seinem Erbauer, unserm unvergesslichen Pfarrer Kraus, so sehr geliebt und geschätzt, mehr und mehr wieder zu einer Stätte des Gebetes geworden, - zu einer Zuflucht in allen Stunden der Angst und Not!
Täglich fand sich eine immer größere Beterschar dort ein zum gemeinsamen Rosenkranz, dem Notgebet der Christenheit seit vielen Jahrhunderten, und bestürmte die Gottesmutter um Hilfe und Schutz für unsere Heimat, - für unsere Familien daheim und unsere Männer draußen im Grauen der Schlachten.
Sogar im Winter 1943 dem entsetzlichen Stalingradwinter, da auch bei uns das Thermometer unter dreißig Grad sank, blieb die Schar der Beter nicht aus.
Wohin sollten wir auch gehen in diesen Monaten der Kälte, des Grauens und der Angst um unsere Lieben in der tödlichen Kälte des Ostens –
Verwundete des Reservelazarettes im Mutterhaus hatten die Fensterlöcher notdürftig mit Pappe vernagelt und mit Stroh verstopft, - und Vertrauen und Liebe zur Schmerzensmutter ließen uns Frost und Eis vergessen ... Der Rosenkranz wird nun unser Trost und unsere ganze Kraft - in den Stunden der endlosen Alarme, die sich nun förmlich jagen…
Aber - eigenartig - Nicht ein einziges Mal braucht unser gemeinsames Gebet auszufallen!
Wenn es auf die Stunde des Betens zugeht, ist entweder Vorentwarnung oder Entwarnung.
Es ist wie eine eigenartige Fügung.
Und die Beterschar kommt und bleibt auch dann, wenn unerwartet die riesigen feindlichen Geschwader über uns hinwegbrausen -
Immer wiedersenden wir unser stürmisches “ O Maria hilf, 0 Maria immer hilft"
zur Gnadenmutter empor! Und “ O Mutter der Schmerzen, das Schwert im Herzen, hilf uns durch Nacht und Not heim, heim zu Gott."
Ach, - sie ist doch die Mutter unserer Gemeinde!  Sie k a n n uns doch nicht verlassen!!
Im Dunkel - wir dürfen ja kein Licht brennen! - wirft eine Kerze durch einen ganz winzigen Spalt einer hohen, schmalen Blechdose einen schwachen Schimmer auf ihr trostvolles Antlitz…
Wie wollen wir nun mit Vertrauen die Novene zum Schmerzensfreitag halten, zu dem ihr besonders geweihten Tag vor dem Karfreitag! Aber gerade am ersten Tag der Novene - es ist der 9. März - fällt auch die erste Granate auf die neue Straße vor dem Lazarett: die Frühjahrsoffensive der Amerikaner ist bis zu uns vorgedrungen,- der Beschuss hat begonnen!
Dennoch fehlt an diesem Tag niemand bei dem Rosenkranz in der Gnadenkapelle! Aber - es hieße wohl Gott versuchen, wollte man täglich ungeachtet der Gefahr zur gewohnten Zeit zum Beten kommen! In der winzigen Kellerkapelle des Mutterhauses ist das Allerheiligste Sakrament geborgen, - dort wollen wir von nun an uns treffen zum gemeinsamen Rosenkranz! Und wirklich – in irgendeiner Feuerpause kommen die Beter immer, - mal am frühen Nachmittag, - mal gegen Abend, - und auch weiterhin braucht unser Gebet nie auszufallen
Am 11. Marz dringen Gerüchte zu uns herüber, amerikanische Spanwagen seien schon bis Montabaur vorgedrungen. So wird am 13. März das Lazarett geräumt und ab jetzt mit Zivilkranken oder durch den Beschuss verwundeten belegt. Am 14. März fordert man die Bevölkerung auf, den Ort zu verlassen, - aber - niemand folgt Ununterbrochen geht der Beschuss hin und her zwischen unserer schweren Flak und der amerikanischen Ari.
Am 15. März fällt wieder eine ganz schwere Granate auf die Straße gleich vor dem Lazarett, und nun bleiben endgültig alle Kranken usw. im Keller. Der Beschuss wird immer heftiger.
Am 17. März schlägt eine schwere Granate auf die Straße vor dem Kloster ein, - und man findet dort Bäckermeister Peter Giefer aus Arenberg mit schweren Verletzungen, Der Volkssturm wird aufgeboten!
Den Verwalter des Klosters, Johannes Mehring, treffen auf dem Weg zur Gestellung in den Anlagen am
Antoniusweiher Granatsplitter, und er muss schwerverletzt zurückgeschafft werden –
Es geht das Gerücht, Koblenz und Umgebung solle nun wirklich von der Zivilbevölkerung geräumt werden. Wir rechnen mit allem, Da bekommt auch das Caritashaus, das schon all die Zeit schwersten Schaden litt, weil hinter ihm im Wald das deutsche Flakabwehrgcsehütz versteckt liegt, einen Volltreffer ....
Die schwerste Nacht ist die zum Palmsonntag!
Aller Gottesdienst, auch aus der Pfarrei, findet schon länger in der Kellerkapelle des Mutterhauses statt.
Sie ist so klein, dass nur der Priester in ihren Platz hat.
Alle anderen stehen in den langen, mit dicken Baumstämmen - durch Vermittlung der Grubenleitung abgestützten Kellerfluren.
Aber wir haben doch den Heiland bei uns, können das hl. Opfer feiern und uns bei ihm Kraft holen in diesen letzten zermürbenden Wochen. Heute nun haben wir Palmen geweiht und warten auf Franz Brendler, der mit seiner klangvollen Stimme uns die Passion beten soll. Er kommt noch immer nicht, ~ und so muss die hl.Messe endlich ohne ihn beginnen. Da gerade noch rechtzeitig zur Passion kommt er angerannt, - erschöpft, - und über und über mit Schmutz und Lehm bedeckt, ~ atemlos…
Was war geschehen? Abends waren in Arenberg Panzersperren errichtet worden. Und als der Offizier mit seinem Kommando abrückte, hatte er vielsagend den in ohnmächtigem Zorn zuschauenden Männern erklärt: I c h habe das meinige nun getan versteht Ihr??
So waren die Männer nach dem Verschwinden des Militärs ans Werk gegangen und Fitten im Schutz der Dunkelheit fieberhaft gearbeitet, um bis zum Morgengrauen die Panzersperren, die erfahrungsgemäß beim Einrücken der Amerikaner ungeahntes Unheil über uns gebracht hätten, wieder restlos zu entfernen.
So feiern wir die Palmsonntagsmesse mit besonderer Dankbarkeit zu Ende. - Zwei Taufen haben wir auch in der Kellerkapelle:
Renate Hilden aus Niederberg und Marita Scherhag aus Arenberg.
In den nächsten Tagen wird der Beschuss unerträglich, - unaufhörlich bellt und belfert das Flakgeschütz aus dem Wald hinter dem Caritashaus, das uns viel Sorge macht „...
Angeblich stehen die Amerikaner schon in Mallendar. Fern rollen die Panzer… Häuser und Boden vibrieren und schüttern von ihrer ehernen, stampfenden Fahrt in den Westerwald.
Wir fiebern förmlich, - wir können die Spannung und Erregung fast nicht mehr ertragen ...
Wir bestürmen den Herrgott und seine Mutter um Hilfe; Ein Ende! Ein Ende! Wie lange sollen wir es denn noch aushalten??
Da plötzlich - geht es wie ein Lauffeuer durch den Ort:
Die Amis sind da! Von Ems her war ein Spähtrupp durch den Garten ins Lazarett gekommen und hatten nach 180 Soldaten gefragt, die angeblich dort sein sollten, Als sie nichts Verdächtiges  
fanden, rollten die Panzer weiter auf Arenberg zu. Dort stürmte Bürgermeister Klee mit der weißen Fahne die Silberstraße hinunter - es war am 27. März 1945, um 12,20 Uhr!
Ohne Blutvergießen, ohne auch nur einen Schuss, ruhig und friedlich war die Besetzung erfolgt .. wir waren gerettet!!
Und Arenberg sollte doch bis zum letzten Haus verteidigt werden . . . . , so hatte man bekannt gegeben. , „ , - und es sollte doch eher alles in Schutt und Asche gelegt werden, als daß . . .Nun war alles vorbei, - und unsere Dankbarkeit Gott und der Gnadenmutter gegenüber kannte keine Grenzen, ~ wir wussten, w e m wir unsere Rettung und die Erhaltung unserer Heimat zuzuschreiben hatten.
Bald schon setzte ein Wetteifer ein in der Ausstattung der Gnadenkapelle.,.
Und die große Marmortafel dort sollte es für alle Zeiten festhalten:

Späteren Geschlechtern seile dankbar gekündet,
wie uns Maria so wunderbar schützte,  
da uns Tod und Untergang nah Maria geweiht
am Ende der Sohreckensmonate des Kriegswintere 1944/45,

Und ein Buch wurde der Gottesmutter auf den Altar gelegt, in einer schlichten, braunen Holzkassette geborgen. Viele, viele Familien aus Arenberg und Immendorf trugen sich dort handschriftlich ein und versprechen, die Hilfe der Gnadenmutter nicht zu vergessen und wenigstens einmal in der Woche am
gemeinsamen Rosenkranzgebet in ihrer Kapelle teilzunehmen….
Ja späteren Geschlechtern sei’s dankbar gekündet ........
 
 
M u t t e r der S c h m e r z e n
 
Mutter und Sohutzfrau unserer Pfarrgemeinde:
 
Segne unsere Familien,
 
behüte unsere Kinder vor der Macht des Bösen,
 
nimm alle, mit denen wir in Liebe und Sorge
 
verbunden sind, in deinen besonderen Schutz!
 
Und erhalte uns allein unverbrüchlicher Treue zu
 
C h r i s t u s, deinem göttlichen Sohne! Amen!
 
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Beigefügt ist ein Bildchen:
 
Das G n a d e n b i l d von Arenberg,
 
dass in Wirklichkeit aber viel, viel schöner ist.
 
Die fast lebensgroße flämische Eichenplastik wird von Kunsthistorikern auf fast 400 Jahre geschätzt.
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